Ich gebe zu: ich bin wasserscheu, ich mag kein Wasser! So, puff- es ist raus und ich stehe dazu! Ich bin übrigens davon überzeugt, dass diese Neigung genetisch vererbbar ist, denn meine 1- jährige verschmäht das Wasser genauso wie ich (38 Grad Badewanne selbstverständlich ausgenommen). Nachdem mein Lebenspartner ja begeisterter Triathlet ist, habe ich mich zwar anfangs mitreißen lassen und mich überwunden in das kalte Nass zu steigen, hab aber dann das Handtuch geworfen (witzige Redewendung in diesem Zusammenhang) und mich entschlossen auf Duathlon umzusteigen. Seit drei Tagen bin ich nun eine Duathletin.
Am 9.7.2017 fand dann mein erster Duathlon in Leobersdorf statt.
Ein Duathlon bedeutet: Das Laufen ersetzt das Schwimmen, es wurde also gelaufen- geradelt- gelaufen. Ich habe so gut wie möglich versucht mich auf das lang ersehnte Event vorzubereiten, offensichtlich aber nicht gut genug – weshalb erfahrt ihr gleich.
DER TAG: Es war halb sechs Uhr früh, ich brauchte keinen Wecker- Prinzessin hatte ab heute entschlossen durchzuschlafen und zwar bis halb sechs Uhr früh und tadaa- sie war munter und bereit für die Welt. Aber kein Problem, ich musste ohnehin aufstehen. So, frühstücken und los ging es auch schon mit dem Auto nach Leobersdorf. Ich habe in der Wechselzone mein Rad eingecheckt und war mehrmals verwundert, weshalb ich so wenig Zeug benötige… Kein Neopren, keine Socken, etc. Nur Schuhe und ein Helm- habe ich etwa irgendetwas vergessen? Mein Hirn war Matsch. Ich versuchte mir die Wege einzuprägen, wo man mit dem Rad in die Wechselzone einfährt und wo ich nachher wieder raus muss. Meine Hirnsynapsen empfingen allerdings keine Informationen mehr, daher habe ich beschlossen einfach den anderen sportlichen Damen zu folgen und notfalls nach dem Weg zu fragen?!
Um halb neun fand die Wettkampfbesprechung statt. Ich verstand allerdings kein Wort- meine Prinzessin raunzte mir ins Ohr, sie war müde, strampelte und versuchte sich aus meinem Griff zu lösen- es ging aber gerade um die Radstrecke- wo darf ich nicht überholen? Ach, etwas wäre bei der Laufstrecke zu beachten? Welche Abbiegung ist gefährlich? Na prima, bin ich wieder die einzige, die sich dann wieder nicht auskennt. Wo ist der Schnuller? Penaltybox? Windschattenfahren verboten- das war mir wenigstens im Vorhinein schon klar… Prinzessin fängt nun vehement an zu schreien, ich übergebe sie meinem Partner und versuche die restlichen Informationen noch aufzunehmen und in mir abzuspeichern. Mein Partner packt unsere Tochter in die Babytrage– sie schläft innerhalb von Sekunden ein. Noch eine halbe Stunde bis zum Start. Jetzt habe ich endlich die Ruhe mich auf das Rennen vorzubereiten- immerhin, besser später als nie.
Ich versuchte mich mit lockerem Laufen etwas aufzuwärmen. Obwohl es dreißig Grad hatte, ist es wichtig, den Herzmuskel und die Gefäße auf den sportlichen Stress vorzubereiten.
Halb Zehn, es geht los: 5-4-3-2-1- GO! Drei Runden waren zu laufen. Die ersten Kilometer liefen wie am Schnürchen, ich war in Topform und guter Dinge, dass ich das Tempo von 05:30 gut halten könnte auf den Kilometer.
Normalerweise liegt meine Trainingspace deutlich höher, bei ca. 06:10.
Ich wurde zwar langsamer, aber war trotzdem zufrieden mit einer finalen Pace von 5:47. Fünf Kilometer sind geschafft, allerdings habe ich kaum jemand überholt- im Gegenteil, ich wurde hauptsächlich überholt. Man muss dazu sagen, dass ich mit 85 erfahrenen Sportlern konfrontiert war- so sahen sie zumindest aus (ich redete es mir ein). Ich hatte mir wohl mehr Amateurinnen erhofft. Mein Ziel: Nicht die letzte sein!
Nach dem Lauf war ich auf Platz 60. Unter dem Durchschnitt, aber sehr zufrieden mit meiner Zeit!
7,5km in 43:27 Minuten
Nun hinein in die Wechselzone, Helm aufsetzen und die Radschuhe anziehen. Uhhh, der Kreislauf- eine Herzfrequenz von 169 Schläge pro Minute, stehen bleiben, Kopf hinunter beugen fürs Schuhe anziehen und Hitze vertragen sich nicht. Schnell weiter! Helm sitzt richtig und die Schuhe sind korrekt angezogen, ab aufs Rad- da geht’s mir gleich besser. Und da war sie: Die Motivation! Meine Lieblingsdisziplin, mein Element, mein Feuer unterm Po!
Rennradfahren: Mein kleiner Sportteufel in mir lächelte.
„Ich schnupf euch alle!“, dachte ich und kaum hatte ich die Überholverbotszone verlassen (zum Glück war diese an Schildern angeschrieben für jene, die nicht aufgepasst haben) überströmte mich ein derartiger Ehrgeiz die Welt niederzureißen mit meinem kleinen Carbon- Rennrad, dass ich mich mit 28,7 km/h auf Platz 39 vorradeln konnte. Jede Dame, die ich überholte lies ich meinen Staub schmecken- jede, die sich vor mir abstrampelte regte meinen Ehrgeiz an sie zu überholen.
In meinem Kopf hallte Highway to hell und ich konnte einfach nicht aufhören zu treten.
Nach 30km und einer Stunde war ich fast ein wenig enttäuscht, dass die Fahrt schon zu Ende war. Gegen Ende merkte ich aber auch, wie die Sonne herunterbrannte und einen harten zweiten Lauf ankündigte.
Es war nicht hart. Es war die Hölle. Ok, es war nicht die Hölle- es war eine Steigerung von der Hölle. Ich fing an zu laufen und wusste: das wird nun nichts mehr. Die Beine waren schwer vom strampeln am Rad, mein Kopf war zu heiß und ich brauchte wirklich dringend eine Abkühlung.Ich schaffte es halbwegs zur ersten Versorgungsstation, lies mich von einem Rasensprenger berieseln.
Anschließend schüttete mir einen Becher Wasser über den Kopf und ermahnte mich dazu nicht stehen zu bleiben.
Ich laufe und schaue auf meine Pace: 06:20. Schwach. Ok, vermutlich brauche ich noch etwas Zeit, bis sich meine Beine an die Laufbelastung gewöhnt haben. 06:30 und noch eine ganze Runde und plötzlich spürte ich mein linkes Knie, das nach Aufmerksamkeit verlangte, half aber nichts- wenn ich zu Fuß ginge, würde die Prozedur noch länger dauern! Ich versuchte mit jedem Schritt meine mentale Stärke aufrecht zu halten, aber die kompromisslose Sonne und fehlender Schatten machte es nicht einfacher. Puls lag bei über 170 und ich dachte ans Aufgeben. DNF. Did not finish. DNF war keine Option! Ich habe mich doch nicht ein halbes Jahr vorbereitet auf DNF! DNF… durfte man, wenn man sich den Fuß bricht oder vom Rad fällt. Nein, die Reise durch die Sahara musste weitergehen- gefühlte Sahara, auf der Suche nach einer Oase mit frischem kühlem Wasser. Ich rege mich nieeeeeeeee wieder auf, dass der Winter kalt sein. Kalte Winter sind super! Wintereinbruch wäre jetzt cool…. Und während meine Gedanken irgendwo in Sibirien verloren gegangen waren, spulte ich die letzten Kilometer mit einer lauwarmen Pace herunter und lief einfach ins Ziel.
Geschafft! Und das insgesamt unter 2,5 Stunden- in 2:23! Glaubt mir, ich mach so etwas nieeeeee wieder!!!
Im Ziel wartete mein Freund bereits mit der Kamera auf mich. Er wollte eine lächelnde Siegerpose von mir- Ich brachte aber kein Lächeln auf die Lippen und suchte schleunigst nach Schatten. Wieso machen Leute so einen Wettkampf regelmäßig? Ich brauche ein neues Hobby. Stricken soll entspannend sein.
Im Ziel erwartete uns frisches Obst, Kuchen, Cola, Wasser und Gebäck. Ich überlegte nicht lange und zog mir einen Becher Cola rein, übergoss mich mit einem halben Liter Mineralwasser. Ein unbeschreiblich gutes Gefühl! Meine Haut kühlte von 200 Grad auf 36 Grad hinunter, mein Hirn fing wieder an zu funktionieren. Ich war im Ziel und froh es geschafft zu haben.
Mein längster Wettkampf, den bisher ich alleine bezwungen habe!
Und trotzdem machte sich etwas Unzufriedenheit in meinen Gedanken breit. Warum konnte ich nachher nicht schneller laufen? Wieso habe ich mich darauf nicht besser vorbereitet? Ich kam zu folgender Erkenntnis: ich habe die letzten 4 Wochen aus Wetter- und Zeitgründen kaum ein längeres Training durchgezogen, das länger als 1,5 Stunden gedauert hat. Ich hätte öfter mehr als eine Stunde laufen gehen-, auf Halbmarathon oder 70km Radfahrdistanzen trainieren müssen, nicht auf Kurzdistanzen. Mir war sofort klar, dass ich so die Möglichkeit hatte mich nächstes Jahr zeitlich bei diesem Wettkampf zu unterbieten, weil ich gelernt habe, worauf es ankam.
Ich habe nicht gewonnen- insgesamt kam ich als 60 von 85 ins Ziel. Schwach.
Aber, ich habe an Erfahrung gewonnen- meine erste Erfahrung einer längeren Wettkampfdistanz im Multisport und dieses Gefühl befriedigt und bereichert mich. Mit dieser Erfahrung kann ich mich nun besser vorbereiten auf nächstes Jahr. Nächstes Jahr? Eigentlich wollte ich das nieeeeeee wieder machen. Mhmm… der Vorsatz hielt genau ein paar Minuten- verdammter Ehrgeiz…
Meine Tochter liebte übrigens ihr neues Spielzeug…