Meine Freundin Kathi kenne ich mittlerweile schon fast 20 Jahre (!!!) und sie ist eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten, die ich kenne. Aufgrund ihres außergewöhnlichen und inspirierenden Lifestyles habe ich mir vorgenommen, einen Beitrag über sie zu verfassen in Form eines Interviews.
Kathi ist Veganerin. Vegan bedeutet, sie verzichtet auf tierische Lebensmittel wie Eier, Fleisch, Fisch und Milchprodukte. Beruflich arbeitet sie selbstständig. Sie baut aus Kletterseilen nützliche Utensilien für den Alltag und leistet somit einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz, da alte Seile nicht einfach weggeworfen, sondern sinnvoll weiterverarbeitet werden. (>>Hier erfahrt ihr mehr über ihre Produkte)
Wir trafen uns zum Gespräch bei ihr daheim und während meine süße Tochter Anna- Sophie stimmungsvoll robbend die Wohnung erforschte, sprachen wir über ihr Leben als Vollblutveganerin und die schwierigen Situationen, mit denen sie aufgrund ihrer Einstellung manchmal konfrontiert wird.
Wie lang lebst du schon vegan?
„Seit 1,5 Jahren. Früher fand ich Veganer voll peinlich!“Im Grunde war ich immer schon Vegetarierin, wie du weißt, allerdings habe ich Milchprodukte noch nie vertragen. Ich habe darauf Bauchschmerzen und allerhand Zustände bekommen. Fleisch war für mich schon immer ekelhaft- der Geruch und die Konsistenz. Mir blieb daher nichts anderen übrig, mich mit Ernährung auseinander zu setzen und das richtige für mich zu finden. So bin ich auf den Veganismus gestoßen.“
Wie hat deine Umwelt auf deinen veränderten Lebenswandel reagiert?
„So wie ich damals selbst auf einen Veganer reagiert hätte, man wird mit Witzen und abwertende Bemerkungen überschüttet. Veganer- Witze und Verarschungen sind wohl zu einem Art Volkssport geworden. Wenn man frisch in diese „Szene“ eintritt muss man auch aufpassen nicht zu sehr zu radikalisieren und andere Menschen damit zu belehren, was für einen Schwachsinn sie nicht essen. Ich verfolge online veganen Bloggern und sehe mir auch YouTube viele Videos an, die sehr stark polarisieren- da gibt es unendlich viel Material, wo Fleischessen als die übelste aller Sünde dargestellt wird. Daher besteht Gefahr zu aggressiv in die Thematik hineinzurutschen. Fleischesser werden als Monster dargestellt und man fühlt sich verpflichtet die Nicht- Veganer aufzuklären und ihnen den Willen aufzuzwingen. Die meisten Menschen nehmen diese offensive aggressive Konfrontation nicht gut auf und grenzen sich von dir ab.
Ich habe mich davon distanziert Veganapostel zu spielen, weil man sich dadurch einfach nicht beliebt macht. Ich versuche lieber positiv zu vermitteln, welche neune Möglichkeiten sich durch veganes Essen anbieten und versuche aufzuklären- wenn mich jemand fragt.
Meine Familie war nicht sonderlich beeindruckt von meinem Lebenswandel, weil dadurch dass ich ohnedies nie Fleisch gegessen habe, war ich immer schon nur der Beilagenesser- die Umstellung daher nicht groß war. Im Gegenteil, meine Oma backt für mich sogar vegan und meist erkennt man auch geschmacklich keinen großen Unterschied zu normaler Backwaren. Ihr Marillenkuchen ist der Hit!“
Mit welchen Schwierigkeiten im Alltag wird man als Veganer konfrontiert?
„Hauptsächlich wenn man in ein Lokal geht und etwas zum Essen bestellen möchte oder zu Veranstaltungen eingeladen wird, das nur non- vegan Buffet anbieten. Da hat man 2 Möglichkeiten: Entweder man lügt und sagt man hat keinen Hunger oder man outet sich als Veganer und man tritt eine Welle der Empörung los und hat sofort die diskussionsfreudigen Menschen um sich herum. Ich diskutiere auch nicht mit anderen, warum sie römisch- katholisch und nicht evangelisch sind. Manche Dinge sind einfach so, aber mittlerweile reagieren die meisten Leute schon sehr gelassen und interessiert.“
Wie kann man sich einen Tag bei dir am Teller vorstellen?
„Mein größtes Problem ist, ich kann nicht kochen. Hauptsächlich essen wir daher eher Basics- Reis, Pasta, Erdäpfel. Zum Beispiel zum Frühstück mache ich mir einen einfachen Shake mit 4 Bananen, Zimt, Leinsamen oder Chiasamen, Datteln oder hau rein, was mir noch in die Hände fällt. Und nein, ich leide weder an Verstopfung noch an Herzproblemen, falls die Frage aufkommen sollte, ob so viele Bananen nicht ungesund seien. Was ich mir gerne mache ist Dinkelreis, gebraten in Sojasauce und gedünsteten Brokkoli- klingt etwas freakig, schmeckt aber verdammt lecker.
Von so veganen Fertigprodukten wie Tofu halte ich nicht viel, weil ich nicht wirklich herausgefunden habe, wie man den würzt ohne dass er nach Tofu schmeckt. Also, davon bin ich nicht so überzeugt. Ich esse aber gerne Hülsenfrüchte, wie Linsen und Bohnen. Meine Blutwerte haben sich nie wirklich verändert, alles im Normalbereich- sogar das Eisen, das immer kritisiert wird. Meine Haut ist seit der veganen Ernährung viel besser und weniger fettiger, das merke ich besonders an den Haaren.“
Du konsumierst trotz nachhaltigem Bewusstsein Mangos, Bananen- exotische Früchte, die nicht in Österreich wachsen und hinterlässt damit einen ökologischen Fußabdruck. Passt das in deinen nachhaltigen Lifestyle?
Ich versuche schon regional einzukaufen, zum Beispiel im Herbst viel mit Kürbis zu kochen- vor allem Gemüse ist leicht in Österreich zu bekommen. Mit dem Obst ist es da schon schwieriger, daher greife ich gerne zu Bananen und Mangos. Erdbeeren kaufe ich im Winter aber bestimmt nicht, da warte ich lieber auf den Sommer. Ich denke aber immer noch, dass mit meinem Konsum weniger CO2 produziere, als jemand der regelmäßig Fleisch isst. Ich achte auch auf nachhaltigen und fairen Handel, daher kaufe ich auch nur Lebensmittel, Kosmetika und Kleidung aus Fair Trade Handel, auch wenn sie manchmal etwas teurer sind. Dafür habe ich weniger Gewand als manch andere Frauen im Kleiderschrank. Als echter Veganer neigt man zu einem eco- friendly-Bewusstsein, und das lässt sich auch nicht nur auf die Lebensmittel umlegen.
Mir ist wichtig, dass meine Kleidung nicht von Kindern in China unter sauschlechten Bedingungen produziert wird.
Ich zahle dafür lieber mehr und kaufe ein Shirt aus Bio- Baumwolle aus Portugal (armed angel) und zahle dafür aber 40 Euro.
Man muss auch vorsichtig sein mit „green wahsing“- also bei Marken, die sich „sauberer und grüner“ vermarkten als sie wirklich sind. Wir wollen hier keine Namen nennen, aber ich würde jedem empfehlen genauer zu prüfen was man kauft. Nicht alle Pflanzenkosmetika haben eine weiße Weste.
Über die App „Codecheck“ kann man relativ gut nachprüfen was man genau kauft. Ich lege Wert auf Recycling und versuche meinen Alltag auf „Zero Wasting“ umzulegen- also ich versuche zu kompostieren oder kauf Lebensmittel im Glas und verwende die Gläser wieder. Auch versuche ich Lebensmittel nicht im Plastik zu kaufen, das ist überhaupt komplett idiotisch, nicht notwendig und produziert nur Mengen an Müll. Ich hab meine eigenen Stoffsackerl dabei und brauch keine grausigen Plastiksackerl kaufen.
Und so kann jeder Mensch schon etwas zur Nachhaltigkeit beitragen. Frauen können sich überlegen, ob sie auf Menstruationstassen umsteigen, statt Tampons und Männer können Rasierhobel verwenden, statt Einwegrasierer.“
Sollten alle Menschen vegan leben?
„Natürlich wäre es schön, wenn keine Tiere mehr leiden müssten und keiner mehr Fleisch isst. Aber das kann man nicht erwarten, weil Fleisch und Eier essen für viele auch Teil unserer Kultur ist. Ich war dieses Jahr in Hawaii, da ist Veganismus Gang und Gebe. Ich glaube, es wäre wichtig, dass die Menschen sich mehr mit Ernährung auseinandersetzen und sich bewusst werden, was sie da genau jetzt konsumieren. Zum Beispiel, dass das auf dem Teller mal ein Lebewesen war oder dass die Milch von der Kuh eigentlich fürs Kalb gedacht wäre. Keiner würde sein Essen selbst schlachten. Ich finde das immer so ironisch, wenn Leute ihre Haustiere wie Babys behandeln, aber nicht darüber nachdenken unter welchen Bedingungen diese Kuh am Teller gehalten wurde.
Würdest du tierische Lebensmittel aus hauseigener Produktion konsumieren, die du selber halten kannst und selbst pflegen?
Nein wahrscheinlich nicht, weil ich Milchprodukte nicht vertrage und mir Eier und Fleisch nicht schmecken, aber es wäre schön, wenn in einer Traumwelt natürlich jeder selbst seine Milch melken könnte und daraus Käse macht, wie man das vor Urzeiten so gemacht hat. Aber es ist heutzutage im 21. Jahrhundert auch nicht mehr notwendig tierisch zu essen, weil sich keiner sein Wild im Winter selbst jagen muss, um überleben zu können. Wenn es so wäre, würde ich auch versuchen ein Mammut zu erlegen, nur um überleben zu können, aber das ist einfach nicht der Fall. Es ist auch nicht klar nachgewiesen, dass der Mensch zum Fleisch essen gemacht ist.
Meinungen sprechen dagegen, denn sonst würden wir vor einem toten Tier zu sabbern anfangen, wie ein Wolf oder andere Wildtiere es tun, aber wer macht das schon? Jeder ekelt sich vor einem Kadaver. Das Argument, dass Fleisch wesentlich am Wachstum des Gehirns beteiligt war ist auch inzwischen wiederlegt. Hier empfehle ich folgendes Buch: „The Starch Solution“ (hier auf Deutsch). Ist sehr interessant, empfehle ich jedem, der sich damit auseinandersetzen möchte.“
Dein Lieblingsveganer- Witz?
„Auf Witze reagiere ich relativ gelassen, manche finde ich selber total unterhaltend.
Wie nennt man einen dicken Veganer? Eine Biotonne.“
Hier auch noch meine Filmempfehlungen zum Thema Veganismus:
Cowspiracy- das Geheimnis der Nachhaltigkeit